Die 77. Jahrestagung der „Gesellschaft für Musikforschung“ (GfM) kommt vom 6. bis 9. Oktober 2025 nach Weimar. Die von der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar veranstaltete Tagung steht unter dem Oberthema „Musik in einer geteilten Welt“: In einer politisch, ökonomisch und kulturell als krisenhaft empfundenen Zeit widmet sich die Tagung Gegensätzen und Polarisierungen, wie sie auch dem musikalischen Bereich nicht fremd sind, wie zum Beispiel U- versus E-Musik, neu vs. alt, West vs. Ost, Wagner vs. Brahms, weltlich vs. geistlich, „natürliche“ Intelligenz vs. KI.

Im Rahmen des Oberthemas einer musikalisch geteilten Welt soll untersucht werden, wie Musik sowohl Trennlinien als auch Brücken in verschiedenen Gesellschaften und Epochen klingend erfahrbar und verhandelbar macht. Im „Call for Papers“ der Tagung, zu der rund 500 Teilnehmende erwartet werden, heißt es: „In Gesellschaften, zwischen Weltregionen und Religionen tun sich tiefe Risse auf. Mit neuen Konflikten zwischen Ost und West, Süd und Nord, Stadt und Land, demokratisch und autoritär usw. scheint das Konfrontationsdenken des Kalten Krieges wieder aufzuerstehen.“

Verbindendes – geteiltes – Element ist dabei die Musik, die wie kaum ein anderes Medium vermittelnd wirkt. „Und dies sowohl auf subjektiver Ebene durch die Beziehung von Körper und Geist als auch auf der Ebene des Sozialen, ja Globalen“, sagt die Weimarer Musikwissenschaftsprofessorin Dr. Nina Noeske. „Genau darin liegt das analytische wie auch gesellschaftliche Potenzial der Musik. Angesichts der aktuellen globalen Herausforderungen ist es unerlässlich, eine gemeinsame, ebenso tolerante wie demokratische Basis wiederzufinden, in der Politik wie in der Musik.“

Im Zentrum des wissenschaftlichen Programms stehen neben Fachgruppensymposien, freien Referaten, Posterpräsentationen, Diskussionspanels und experimentellen Formaten, welche die Vielfalt aktueller Musikforschung eindrucksvoll sichtbar machen, zwei Hauptsymposien, die sich der „geteilten Welt“ aus unterschiedlichen historischen Blickwinkeln nähern. Das erste fragt nach musikalischen Ordnungen und Grenzziehungen seit dem 19. Jahrhundert bis heute, etwa in Bezug auf Identitätspolitik(en) oder das Verhältnis zwischen den verschiedenen politischen Systemen des 20. Jahrhunderts; das zweite nimmt die Musik zwischen Nord und Süd, Ost und West bis zum 16. Jahrhundert in den Blick.

Den eröffnenden Hauptvortrag der Tagung hält der Weimarer Dirigent und Musikwissenschaftler Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Peter Gülke, der die Teilung Deutschlands biographisch, künstlerisch und publizistisch mitvollzogen hat und zugleich für eine Fachkultur steht, die Grenzen überwindet. Mehrere Konzerte, die das Leitthema in unterschiedlichen Formaten aufgreifen, flankieren das Tagungsprogramm: Zu hören sind Bach und Gubaidulina, Jaëll und Liszt, Biber, Kreidler und ein Konzert der Transcultural Music Studies. Der Pianist und Professor für die Geschichte der Jüdischen Musik, Dr. Jascha Nemtsov, präsentiert zudem Klaviermusik von Komponistinnen aus Ost und West.

Als Tagungsort bietet sich Weimar gut 20 Jahre nach der Ausrichtung des internationalen Kongresses der GfM (2004) mit der hier in ihrer ganzen Breite vorhandenen Musikwissenschaft (historische und systematische Musikwissenschaft, Geschichte des Jazz und der Populären Musik, Geschichte der jüdischen Musik, Transcultural Music Studies) in besonderem Maße an. Die Symposien und Panels finden in verschiedenen Räumlichkeiten der Bauhaus-Universität Weimar sowie der Weimarer Musikhochschule statt.

Nähere Informationen: www.hfm-weimar.de/gfm2025